Theologie
I. Der heilige Rest II. Gnade Gottes III. Dualistisches Denken
IV. Strenge Schriftauslegung V. Endzeiterwartungen
I. Der heilige Rest
Die Gruppe hinter den Qumran-Texten versteht sich als Jahwes Bundesvolk. Sie ist der heilige Rest, der allein das Volk Gottes im Heiligen Land repräsentiert (»Israel« auch als Bezeichnung der eigenen Gruppe).
II. Gnade Gottes
Sehr stark wird Gottes Gnade betont, durch die allein man zu diesem Bund kommen kann. Das menschliche Handeln wird dennoch nicht bedeutungslos: Der von Gott Erwählte wird auf den Weg des Gesetzesgehorsams gebracht, in dem er sich bewähren muss.nach oben
III. Dualistisches Denken
Es herrscht ein Gegensatz zwischen Gott und Satan, Gut und Böse, Licht und Finsternis – aber nicht im Sinne zweier gleichrangiger Prinzipien. Gott hat auch die Geister der Finsternis geschaffen, die mit den Geistern des Lichtes im Streit liegen. In diesen Streit ist der Mensch hineingezogen. Die Abgrenzung ist ganz grundsätzlich: Die »Söhne des Lichtes« sollen die »Söhne der Finsternis« hassen (1QS I,9f), sich ganz von ihnen abgrenzen.
IV. Strenge Schriftauslegung
Die Essener kannten keine Kompromisse und Erleichterungen im Blick auf die Erfordernisse des täglichen Lebens (deutlich vor allem in den Sabbatvorschriften; z.B. CD XI,16f). Angezielt ist dabei die Umkehr des Herzens zum Gott Israels und zu seinem Willen (1QS I,2f).
Zum rechten Verständnis der Schrift sind besondere Offenbarungen nötig, wie sie dem Lehrer der Gerechtigkeit gegeben wurden (1QpHab II,8-10; VII,4f). Der eigentliche Sinn der prophetischen Schriften war nicht auf die Gegenwart der Propheten gerichtet, sondern auf die Endzeit. Jetzt, in der Zeit der eigenen Gemeinschaft wird dieser verborgene Sinn enthüllt, so dass man den Prophetenbüchern die Ereignisse der Endzeit entnehmen konnte.nach oben
V. Endzeiterwartungen
Als wesentlich endzeitlich geprägte Bewegung machten sich die Essener Gedanken über den Termin des Endes. In der Kriegsrolle bieten sie ein Szenario der Endereignisse.
- Im endzeitlichen Rachekrieg werden die Söhne des Lichtes nach einem 40 Jahre dauernden Kampf über die Mächte der Finsternis siegen. Die Schilderung des Kampfes wirkt schematisch und unwirklich (die bösen Mächte haben von vornherein keine Chance). Alle sieben Jahre wird eine einjährige Pause eingelegt. So wird Gottes Größe herausgestellt, er verurteilt die Mächte, die jetzt den Ablauf der Geschichte bestimmen, zur Ohnmacht.
- Nach 1QS IX,11 treten drei endzeitliche Gestalten auf: der Prophet wie Mose (Bezug auf Dtn 18,15.18) und zwei Messiasse, ein davidischer Laienmessias und ein priesterlicher Messias (Bezug auf Num 24,15-17; vgl. auch 4QTest; 4QFlor I,11 und CD VII,19-21, wo wahrscheinlich auf zwei Messiasse angespielt ist).
Das Verhältnis der drei Figuren zueinander ist auf jeden Fall so zu bestimmen, dass der Priester-Messias dem Laien-Messias übergeordnet ist; er dürfte, der priesterlichen Prägung der Essener entsprechend, überhaupt die höchste eschatologische Gestalt sein. Er hat für die Reinheit der endzeitlichen Gemeinde zu sorgen, nachdem der Laien-Messias seine Aufgabe als Heerführer im Rachekrieg erfüllt hat.nach oben
Heilserwartung
Von der Auferstehung der Toten ist in den gruppeneigenen Texten zwar kaum die Rede, aber diese Vorstellung ist in Schriften bezeugt, die in Qumran gelesen wurden (s.a. Einzelgräber).
Die Vorstellung von der Heilszeit begegnet in zwei Formen: einmal als Restitution des Früheren, indem die Schöpfung in ihren ursprünglichen Zustand versetzt wird; zum andern als neue Schöpfung, in der eine vom heiligen Geist geprägte neue Menschheit geschaffen wird.