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Salbungs- und Gesalbten-Traditionen

Das Alte Testament kennt den Begriff »Messias« nicht in Bezug auf eine endzeitliche Rettergestalt, spricht aber von Gesalbten in folgenden Zusammenhängen.

  • Gesalbt wurden Könige (1Sam 9,16 u.ö.), auch bezeichnet als »Gesalbte des Herrn« (z.B. 1Sam 12,3; 2Sam 19,22), doch endet diese Linie mit dem Untergang des Reiches Juda. Sie wird auch in hasmonäischer Zeit (2./1. Jh. v.Chr.) nicht erneuert. Es bleibt hier, wie auch bei den späteren Aufstandsbewegungen, beim Titel »König« – ohne das Prädikat des Gesalbtseins.
  • Salbung kommt auch dem Hohepriester zu (Sach 4,14 sprach noch von zwei »Ölsöhnen« und meinte damit Herrscher und Hohenpriester, doch erfüllte sich diese Hoffnung nicht). Seine Salbung bezeugen Pentateuch-Texte (Lev 4,3.5; Ex 29), der Titel »Gesalbter« erscheint allein in späten Texten (1Chr 29,22; Sir 45,15; Dan 9,25f; 2Makk 1,10; vgl. G. Theißen/A. Merz 463). »Mit dem Konflikt unter Antiochos Epiphanes brach diese Linie ab« (also in der ersten Hälfte des 2. Jh. v.Chr.; M. Karrer).

Es blieben Salbungen im Rahmen des Kultes. Sie hatten den Sinn, Ort und Vollzüge dem Alltag zu entheben und in Verbindung mit Gott zu bringen (Ex 30,22-29; 40,9-11, Philo).

Von einer Prophetensalbung ist nur an einer Stelle die Rede (1Kön 19,16), außerdem in übertragenem Sinn von der Salbung mit dem Geist Gottes (Jes 61,1f). Auf dieser Linie ist es wohl zu verstehen, wenn unumstrittene Größen der Vergangenheit als Gesalbte bezeichnet werden (die Patriarchen: Ps 105,14f), Mose (4Q377 fr. 2 II 4ff), die Propheten (1QM 11,7f), bisweilen auch das ganze Volk, im Rahmen einer Aussage über den idealen Anspruch (Hab 3,13LXX; Sib 5,68).

Wie die frühjüdische Gesalbten-Traditon zu charakterisieren ist, wird unterschiedlich beurteilt.

  • Martin Karrer betont die kultische Praxis der Salbung, die Übertragung des Gesalbten-Motivs auf Gestalten der Vergangenheit bei gleichzeitiger Zurückhaltung, den Titel auf politisch wirksame Figuren der Geschichte anzuwenden. »Als Gesalbter lässt sich zur Zeit Jesu und der Urchristen allein bezeichnen, wer Gott einzigartig und durch nichts beeinträchtigt zugehört.«
  • Stefan Schreiber sieht dagegen, dass sich der Titel »Gesalbter« im 1. Jh. v.Chr. »längst von einem konkreten Salbungsvollzug gelöst« hat, und legt den Akzent auf königliche Messias-Konzeptionen, zu denen sich ein Grundgerüst erheben lasse, das in verschiedenen Variationen ausgeformt worden sei (s. nächster Punkt).

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