Bibelstudium
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Messianische Figuren

I. »Messias« als erwarteter königlicher Herrscher     

II. Weitere endzeitliche Gesalbten-Traditionen

I. »Messias« als erwarteter königlicher Herrscher

Das Alte Testament bezeugt zwar die Erwartung eines idealen Herrschers, der als Nachkomme Davids Recht und Gerechtigkeit heraufführen wird (z.B. Jes 8,23-9,6; 11,1-5; Jer 23,5f), nennt ihn aber nicht »Messias«. Dies geschieht in einem Zweig frühjüdischer Endzeiterwartung, dessen Bedeutung unterschiedlich eingeschätzt wird.

Nach Martin Karrer ist eindeutig: »Von einer Dominanz königlich-davidischen Messianismus im 1. Jh. lässt sich ... nicht sprechen«. Dagegen rechnet Stefan Schreiber damit, dass die Erwartung eines königlichen Messias stärker ausgeprägt, »die Grundzüge der Gesalbten-Konzeption wohl allgemein bekannt« waren. 

Die differierenden Urteile hängen auch an unterschiedlichen Zuspitzungen des Befundes. So sieht auch Karrer, dass ab der zweiten Hälfte des 1. Jh. Belege für die Erwartung eines herrscherlichen Gesalbten zu finden sind. Er betont freilich den fehlenden Bezug auf David (äthHen 52,4; 4Esra 12,31-34 [der Bezug auf den »Samen Davids« in 12,32 ist textlich nicht gesichert]; 13; syrBar 29-30; 39-40; 70/72-73), außerdem, dass der Königstitel in diesen Schriften nicht belegt sei, sondern auf die ältere Schrift PsSal (17) beschränkt bleibe.

Stefan Schreiber argumentiert mit Blick auf die Funktion eines erwarteten herrscherlichen Gesalbten und rekonstruiert so einen »Vorstellungskern«, der auf breiterer Basis ruht. Zu ihm gehören (1) der Messias als königliche Herrschergestalt im politischen Sinn, die (2) als Repräsentant Gottes an dessen Macht partizipiert, (3) als Erfüllung ergangener Verheißung verstanden wird und (4) Gottes Gerechtigkeit durchsetzt und ein Friedensreich für Israel errichtet.

Dass auch andere Formen der Messias-Erwartung bezeugt sind, ist im Rahmen des zuletzt genannten Konzepts den Variationen zuzuordnen, die sich an das Grundgerüst anlagern können. Karrer deutet sie als Beleg für die grundsätzliche Vielfalt der Messias-Traditionen, die eine Dominanz der königlich-davidischen Linie nicht bezeugten.nach oben

II. Weitere endzeitliche Gesalbten-Traditionen

Belegt ist die Ausrichtung auf einen gesalbten Hohenpriester (TestRub 6,8), in Qumran als »Messias Aarons« bezeichnet, der neben dem »Messias Israels« auftreten wird (1QS IX,10f), in der Damaskusschrift möglicherweise als eine messianische Gestalt verstanden: der »Messias Aarons und Israels«.

In 11QMelch II,18 ist die Rede von einem »Gesalbten des Geistes«, im Zusammenhang der Auslegung von Jes 52,7 und mit Bezug auf Jes 61,1f; Dan 9,25. Hier könnte also die Erwartung eines gesalbten Propheten am Ende der Zeit bezeugt sein.

In einem Text aus Qumran (4Q521) ist vor der Beschreibung der Heilszeit die Verheißung zu lesen, Himmel und Erde würden auf »seinen Gesalbten« hören – ohne nähere Charakterisierung (möglich auch: »seine Gesalbten«). Karrer erkennt hier ein Zeugnis der Konzentration der Heilserwartung im Gesalbten-Titel vorliegen. »Im Gesalbten begegnet je eine zentrale eschatologische Gestalt; in welcher Weise bleibt der Entfaltung anheimgestellt«.

Neutestamentlich spiegelt sich diese Vielfalt insofern, als sich in Mk 12,35-37parr eine Überlieferung erhalten hat, die eine Verbindung des Messias mit der Davids-Linie abstreitet.


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