Bibelstudium
print


Navigationspfad


Inhaltsbereich

Der Kolosserbrief

I. Paulinische Verfasserschaft?   II. Adressaten, Zeit und Ort der Abfassung   III. Einblicke in den Brief und die Kommunikationssituation

I. Paulinische Verfasserschaft?

Die sprachlichen sowie theologischen Abweichungen des Kolosserbriefes im Vergleich zu den als authentisch anerkannten Paulusbriefen lassen sich nicht als Weiterentwicklungen des paulinischen Denkens verstehen. Besser lässt sich der Befund durch die Annahme erklären, dass der Brief nicht von Paulus verfasst worden ist. Dass sich die Personalnotizen in 4,7-18 mit dem Philemonbrief überschneiden, ist dann als Versuch zu werten, die Brieffiktion authentisch erscheinen zu lassen. Der unbekannte Verfasser stattet sein Schreiben bewusst mit paulinischer Autorität aus.nach oben

II. Adressaten, Zeit und Ort der Abfassung

Es ist davon auszugehen, dass die pseudepigraphischen Paulusbriefe erst nach dem Tod des Paulus verfasst worden sind. Anders als in späteren Schreiben dieser Art spielen im Kol Fragen der Gemeindestruktur noch keine Rolle, und so wird die Abfassung meist für den Beginn der 70er Jahre des ersten Jahrhunderts vermutet.

Als Adressaten werden die Heiligen in Kolossä genannt, daneben die Gemeinde in Laodizea (4,16); im Blick ist zudem die Gemeinde von Hierapolis (4,13). Die Adressierung nach Kolossä spricht sehr dafür, dass es sich auch bei der Adressatenangabe um eine Fiktion handelt. Die Stadt Kolossä, die sich im Lykos-Tal befindet, wurde nämlich Ende der 60er Jahre durch ein Erdbeben verschüttet. Mit der fiktiven Adressierung nach Kolossä konnte das Auftauchen eines Paulusbriefes Jahre nach seinem Tod eventuell plausibel gemacht werden. Bedeutung erhält das Schreiben für andere Gemeinden durch die Angabe in 4,16: Der Brief ist zwar an die Gemeinde in Kolossä gerichtet, soll aber auch von anderen Gemeinden gelesen werden. Eventuell war die Gemeinde in Laodizea der wirkliche Adressat. Sichere Angaben sind nicht möglich. Allenfalls wird deutlich, dass die Adressaten Heidenchristen waren (vgl. 1,27; 2,13).

Ebenso ist es kaum möglich den Entstehungsort zu bestimmen. Eventuell ist der Brief im Lykos-Tal entstanden, allerdings wäre auch Ephesus als Entstehungsort – und Ort einer Paulusschule (?) – in Erwägung zu ziehen.nach oben

IV. Einblicke in den Brief und die Kommunikationssituation

Eine »kolossische Philosophie«

Der Verfasser setzt sich mit der als betrügerisch gekennzeichneten »Philosophie«, die in Kolossä eine Rolle zu spielen scheint, auseinander (2,8). Inhaltlich vereint diese Philosophie kosmische Argumente (im Mittelpunkt stehen die sog. Weltelemente), asketische Ideale, Rituale wie die Einhaltung von Festen, Neumonden und Sabbaten sowie bestimmte Formen von Engelverehrung. Aus dem Text scheint es kaum möglich zu sein, eine Gruppierung hinter dieser Position zu identifizieren. Deshalb ist mit I. Maisch anzunehmen: Der Verfasser identifiziert diese falsche Philosophie, um den Adressaten aufzuzeigen, dass sie in vielen Punkten noch ihrem alten Glauben anhängen und das christliche Bekenntnis oft durch heidnische Praktiken überlagert ist. Diese Annahme wird insbesondere auch dann plausibel, wenn man die theologischen Akzente des Verfassers gegenliest.

Christozentrik

Der Verfasser stellt die Exklusivität des christlichen Bekenntnisses im Rahmen seiner christologischen Überlegungen heraus. Dies wird insbesondere im Christushymnus 1,15-20 deutlich und in der folgenden Argumentation entfaltet. Alle kosmischen Mächte sind ihm, dem präexistenten Schöpfungsmittler und Schöpfungserhalter unterstellt und verlieren so ihre Macht und ihren Einfluss für die Gläubigen.

Ekklesiologie

Die aus dem 1Kor bekannte Leib-Christi-Metapher wird im Kol auf die Kirche angewendet. Die Kirche erscheint nun als der Raum, in der sich die Herrschaft Christi manifestieren kann und den Gläubigen vor anderen kosmischen Mächten schützt.nach oben


Servicebereich