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Darstellung

I. Mk ist das älteste Evangelium   II. Mt und Lk haben das MkEv unabhängig voneinander benutzt   III. Die zweite Quelle   IV. Sondergut

 

Die Theorie, die bis heute die meiste Akzeptanz in der Forschung gefunden hat, ist die sog. Zwei-Quellen-Theorie. Sie ist im Ganzen die Theorie mit den wenigsten Schwächen. Die Aussagen der Theorie werden im Folgenden dargestellt.

I. Mk ist das älteste Evangelium

Lange Zeit umstritten, setzt sich diese Ansicht allmählich im ausgehenden 19. Jahrhundert durch. Dafür sprechen folgende Beobachtungen:

  • Mk ist im Blick auf die Stoffanordnung die gemeinsame Mitte von Mt und Lk.

  • Mk findet sich in beiden anderen Evangelien beinahe vollständig, wenn auch mit Veränderungen. Deswegen ist es sinnvoller anzunehmen, das MkEv sei die Grundlage der beiden anderen Evangelien als die gegenteilige Annahme, Mk sei die Zusammenfassung bzw. das Extrakt der längeren Evangelien. Denn es ist kaum möglich Kriterien für die Kürzungen anzugeben, die Mk vorgenommen haben müsste. Mt und Lk haben weiteren, z.T. gemeinsamen Stoff, von dem sich bei Mk keine Spur findet.

  • Im Vergleich mit Mk bieten Mt und Lk eine bessere sprachliche Gestaltung sowie an nicht wenigen Stellen Verbesserungen in sachlich-inhaltlicher Hinsicht. nach oben

II. Mt und Lk haben das MkEv unabhängig voneinander benutzt

Wichtig ist für die Zwei-Quellen-Theorie, dass Mt und Lk Mk unabhängig voneinander benutzt haben. Für diese Einschätzung spricht:

  • Mt und Lk stimmen nur dann in der Reihenfolge überein, wenn sie mit Mk übereinstimmen. Weicht einer vom vorgegebenen Aufbau ab, so weicht er auch vom anderen Evangelium ab.

  • Auch die Existenz des umfangreichen Sonderguts bei Mt und Lk erklärt sich besser, wenn man keine direkte literarische Abhängigkeit zwischen  beiden Großevangelien annimmt. Denn andernfalls müsste viel Material ausgelassen worden sein, ohne dass sich dafür eine plausible Begründung angeben ließe.

  • Auch weicht die Gestaltung drastisch voneinander ab: die Stoffe, die Mt und Lk  gemeinsam haben, ordnet Lk blockweise (mit Sondergut kombiniert) in den Mk-Faden ein (Lk 6,20-8,3; 9,51-18,14); Mt dagegen komponiert sie geschickt in den Mk-Aufbau hinein.
    • Diese komplexen Kompositionen hätte also Lk zerschlagen und das Material von dem des Mk trennen müssen, wenn er Mt gekannt hätte.

    • Auch für den umgekehrten Fall (Mt benutzt Lk) lässt sich kein überzeugendes Redaktionsverfahren erheben, da Mt sich von den erzählenden Partien bei Lk nicht hätte beeinflussen lassen, auch kaum von der Einordnung des über Mk hinausgehenden Spruchmaterials.nach oben

III. Die zweite Quelle

Neben Mk haben Mt und Lk eine Sammlung von Jesus-Worten benutzt, die nicht mehr erhalten ist. Sie wird bezeichnet als Redenquelle, Spruchquelle oder meist als Logienquelle (von dem griechischen Wort für »Spruch«: λόγιον/logion) − ein Hinweis auf den Inhalt der Quelle: vor allem Worte Jesu. Als Kürzel wird »Q« verwendet. Man geht meist davon aus, dass diese Quelle schriftlich vorgelegen haben muss.

Die Existenz dieser zweiten Quelle ergibt sich aus einem doppelten Befund:

  • Mt und Lk haben gemeinsamen Stoff von ca. 230 Versen über Mk hinaus, teilweise bis in den Wortlaut hinein übereinstimmend.
  • Es ist nicht möglich, eine direkte literarische Abhängigkeit zwischen Mt und Lk zu begründen (s.o.). 
    • Daraus ergibt sich die Folgerung: Mt und Lk haben dieselbe Quelle benutzt. Aus ihr haben sie das Material, das sich bei beiden, aber nicht bei Mk findet.

Bestärkend kommt hinzu: Bei Mt und Lk finden sich bisweilen  Dubletten (Texte, die ein Evangelist zweimal bietet) und Doppelüberlieferungen (Texte, die Mt und Lk beide doppelt bieten: einmal parallel mit Mk, einmal in einem Zusammenhang, der nur bei Mt und Lk begegnet). Dieser Befund erklärt sich am besten, wenn Mt und Lk zwei Quellen benutzten, die beide eine bestimmte Überlieferung enthalten haben. Mt und Lk sind jeweils ihren Quellen gefolgt und kommen deshalb zu einer höheren Zahl von Doppelbezeugungen als Mk (er kennt nur eine Dublette).

Q ist allerdings eine hypothetische Größe: Βis heute wurden keine Handschriften einer solchen Logienquelle gefunden, und so bleibt stets eine Angriffsfläche für Gegner dieser Theorie. Dennoch lässt sich der Verlust der Textbasis schlüssig erklären: Durch die Verarbeitung mit dem Mk-Material geht der Text im Mt- bzw. LkEv auf und hängt nicht mehr – ohne Erzählrahmen – »in der Luft«. Indem also die Einzellogien in den Erzählrahmen von Lk und Mt eingebettet waren, war es nicht mehr nötig, die Logien im Zusammenhang einer Spruchsammlung zu tradieren.

Von der Annahme einer mündlichen Überlieferungsform von Q ist eher abzusehen, da es dann schwierig wäre, die nicht unerheblichen wörtlichen Übereinstimmungen von Mt und Lk zu erklären.nach oben

IV. Sondergut

Neben Mk und Q haben Mt und Lk auf Sondergut zurückgegriffen: Traditionen, die nur jeweils einem der beiden zugänglich waren. Dieses Sondergut lässt sich aber keiner Quellenschicht zuweisen (deshalb spricht man nicht von einer Drei- oder Vier-Quellen-Theorie); es handelt sich um verschiedene Einzelüberlieferungen.nach oben

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