Bibelstudium
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Anfragen und Kritik

I. Sondergut des MkEv   II. Lukanische Lücke   III. Minor agreements

Die Zwei-Quellen-Theorie erklärt zwar die literarischen Beziehungen von Mk, Mt und Lk am besten, doch hat sie auch Schwächen, die deutlich machen, dass es sich hierbei um eine Theorie handelt, die nicht alle Zweifel ausräumen und somit andere Erklärungsversuche nicht endgültig ausschließen kann. Die drei wichtigsten Einwände seien hier deshalb kurz umrissen.

I. Sondergut des MkEv

Auch Mk bietet Stoff, der weder bei Mt noch bei Lk zu finden ist. Dies lässt sich dann erklären, wenn man Gründe für das Fehlen solcher Textstellen aufgrund redaktioneller Interessen bei Mt und Lk erkennen kann – Mk 9,49 etwa ist als schwer verständliche Aussage wohl getilgt worden; Stellen wie Mk 3,20f.; 7,31-37 oder 8,22-26 wurden wohl als anstößig und Mk 14,51f.; 15,44 als nebensächlich aufgefasst; Mk 2,27 ist vielelicht wegen des kontextuell schwierigen Anschlusses ausgelasen worden (2,28 argumentiert christologisch). In manchen Fällen aber ist es schwierig, eine befriedigende Antwort zu finden, wie etwa 4,26-29; 9,48 deutlich machen.nach oben

II. Lukanische Lücke

Im LkEv fehlt der Zusammenhang Mk 6,45-8,26. Zwar rechtfertigt dies nicht die Umkehrung der Abhängigkeitsverhältnisse zwischen Lk und Mk, dennoch muss nach Motiven für die Auslassung gefragt werden.

Bei genauerem Hinsehen fällt auf, dass ein Großteil der Texte wohl deshalb ausgelassen wurde, weil sie sich entweder theologisch nicht in die lukanische Darstellung fügen oder als Doppelungen zu bewerten sind (Lk oder Apg). Einzig schwer erklärbar ist das Fehlen der Seewandelgeschichte mit anschließendem Summarium (Mk 6,45-56). Oft wurde argumentiert, dass der gesamte Komplex im Exemplar des Evangelisten gefehlt hätte − eine Hypothese, die allerdings kaum nachzuprüfen und deshalb ohne Erklärungskraft ist. Die lukanische Lücke für sich genommen stellt die Zwei-Quellen-Theorie nicht in Frage.

III. Minor agreements

Bei den sog. minor agreements handelt es sich um Übereinstimmungen von Lk und Mt gegen Mk im Mk-Stoff. Dabei unterscheidet man positive und negative Übereinstimmungen.

  • Positive Übereinstimmungen meinen Änderungen der Formulierung oder Erweiterung der Textbasis über Mk hinaus,
  • negative Übereinstimmungen beziehen sich auf gemeinsame Auslassungen.

Auf den ersten Blick sind eine Menge solcher minor agreements zu finden, bei genauerem Hinsehen relativiert sich die Anzahl der aussagekräftigen Fälle jedoch beträchtlich, da Mt und Lk nicht selten stilistische und sprachliche Schwächen des markinischen Texts verbesserten.

Es dürfte auch keine Theorie zum synoptischen Problem geben, die mit den minor agreements keine Schwierigkeiten hätte. Geht man von direkter Abhängigkeit zwischen Lukas und Matthäus aus – gleich in welcher Richtung –, stellt sich die Frage: Warum soll sich der literarisch abhängige Evangelist an solchen Kleinigkeiten wie den minor agreements orientiert haben, substantielle Änderungen seiner (neben Mk zweiten) Quelle aber übergangen haben?

Im Ganzen entkräften die minor agreements die Zwei-Quellen-Theorie nicht.


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