Bibelstudium
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Die Johannesbriefe

I. Die Verfasserangaben   II. Die Adressaten   III. Das Verhältnis der Briefe zueinander IV. Entstehungszeit und -ort   V. Theologische Intentionen

 Das Neue Testament kennt drei Johannesbriefe, die gemeinsam mit dem Johannesevangelium traditionell als zusammenhängendes Schriftenkorpus überliefert wurden. Eine Entschlüsselung des Verhältnisses der Texte untereinander kann dabei helfen, sie besser zu verstehen.

I. Die Verfasserangaben

Im 1Joh fehlen Angaben zu Verfasser und Adressaten, der Autor gibt sich als Augenzeuge aus (identifiziert sich allerdings nicht mit dem Geliebten Jünger aus Joh 21,24!). Gegen die Echtheit dieser Zuordnung sprechen gute Gründe (der 1Joh scheint das JohEv vorauszusetzen), daher handelt es sich wohl eher um einen »Fall von anonymer Pseudepigraphie« (H.-J. Klauck). Anonym deswegen, weil anders als in anderen Fällen kein wichtiger Name aus der Tradition bemüht wird. Der Autor entstammt mit hoher Wahrscheinlichkeit der johanneischen Schule, wird allerdings nicht identisch sein mit dem Autor des JohEv.

Im 2Joh und 3Joh bezeichnet sich der Verfasser als der »Ältere« bzw. »Älteste« (presbyteros), also als Autorität, die innerhalb der Gemeinde ihren Namen nicht zu nennen braucht. Anders als im 1Joh ist die Annahme der Pseudepigraphie kaum zu begründen. Wahrscheinlich sind beide Briefe von ein und demselben Verfasser geschrieben worden. Bedenkenswert ist der in der Forschung diskutierte Vorschlag, den Presbyter mit dem von Papias von Hierapolis erwähnten Presbyter Johannes von Ephesos zu identifizieren, allerdings ist die Quellenlage für eine eindeutige Zuordnung zu dürftig.nach oben

II. Die Adressaten

Die heutige Forschung vermutet, dass aufgrund der Nähe zum JohEv die Briefe im selben Milieu anzusiedeln sind und eventuell an die johanneischen Gemeinden um Ephesus gerichtet sind. Der 1Joh lässt erkennen, dass er von heidenchristlichen Adressaten ausgeht, die jedoch Kontakt zur jüdischen Tradition gehabt haben. Die Adressatenangaben in 2Joh und 3Joh helfen bei der Identifizierung nicht wesentlich weiter. 2Joh richtet sich an eine »auserwählte Herrin mit ihren Kindern«, was wohl als Metapher für die Gemeinde mit ihren Mitgliedern zu verstehen ist. Der 3Joh schließlich richtet sich an Gaius, ein Gemeindemitglied.nach oben

III. Das Verhältnis der Briefe zueinander

Der zweite und dritte Johannesbrief sind sich inhaltlich / sprachlich sehr ähnlich, unterscheiden sich aber stark vom 1Joh. 2Joh und 3Joh sind Gelegenheitsbriefe, die jeweils auf eine konkrete Situation reagieren. Aufgrund der Verfasserangabe geht man meist davon aus, dass der zeitliche Abstand zwischen der Abfassung beider Briefe relativ kurz ist.

Umstritten ist jedoch die Zuordnung des 1Joh. Diskutiert werden in der Forschung derzeit zwei Modelle:

  1. Der 1Joh ist das älteste der Schreiben, da die Probleme, auf die der 1Joh bereits hingewiesen hätte, im 2Joh akut werden und unter neuen Vorzeichen aufgegriffen werden.
  2. Eine andere Argumentationslinie kommt zu dem Schluss, dass 1Joh nach den beiden kurzen Schreiben zu datieren sei. Der Autor stamme womöglich aus dem Schülerkreis des Presbyters und wolle durch die fingierte Augenzeugenschaft den theologischen Positionen des Presbyters besonderen Nachdruck verleihen.nach oben

IV. Entstehungszeit und -ort

Wenn man dann voraussetzt, dass die vorredaktionelle Fassung des JohEv bereits bekannt war (die wiederum Kenntnisse der synoptischen Evangelien hatte), so ist eine Datierung der Briefe an den Beginn des 2. Jahrhunderts sinnvoll. Als Entstehungsort wird meist Ephesus vermutet.nach oben

V. Theologische Intentionen

Thema das 1Joh (sowie der beiden kleineren Briefe) ist die Gemeinschaft der Christen in der Liebe. Der Brief mahnt die Liebe untereinander an, die Voraussetzung sei für die Beziehung zu Gott. Greifbar wird ein Konflikt mit sogenannten Irrlehrern, die eine aus Sicht des Verfassers falsche Meinung zur Parusie vertreten. Eine Identifizierung dieser Gegner wird in der Forschung kontrovers diskutiert, die Vorschläge reichen von den Gnostikern bis hin zur reinen Gegnerfiktion. In diesem Zusammenhang wird auch die eschatologische Position deutlich: Der 1Joh vertritt eine präsentische Christologie, wonach der wahre Christ bereits am Zustand der Erlösung teilhat. Ob man diese Positionierung allerdings unbedingt als Abwehr der gnostischen Erlösungshoffnung lesen muss, sei dahingestellt. Zu denken wäre auch an eine Korrektur übertriebener Parusieerwartung innerhalb der Gemeinde – ein Problem, das auch in paulinischen Gemeinden virulent war.

Der zweite Brief wendet sich ebenfalls gegen Irrlehrer, die als Wanderprediger auftreten. Diesen Wanderpredigern soll die Gemeinde die Gastfreundschaft versagen. Im dritten Brief wird ein personeller Konflikt thematisiert. Der Presbyter scheint den Einfluss des Diotrephes in der Gemeinde beschneiden und an dessen Stelle Gaius aufbauen zu wollen.


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