Bibelstudium
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Wirkungsgeschichte

I. Christliche Tradition im Allgemeinen

II. Neues Testament im Besonderen

I. Christliche Tradition im Allgemeinen

Da vieles aus der stoischen Ethik »kulturelles Allgemeingut« geworden ist (W. Weinkauf), kann man die Wirkung der historischen Stoa nicht ohne Weiteres nachzeichnen. Die christliche Tradition hat eine besondere Nähe zur stoischen Ethik erkannt. Dies ist an einer literarischen und einer überlieferungsgeschichtlichen Besonderheit abzulesen.

  • Es entstand (wohl im 4. Jh.) ein fiktiver Briefwechsel zwischen Paulus und Seneca. Inhaltlich ist er völlig unergiebig, Paulus und Seneca tauschen Komplimente aus. Gerade dies spricht dafür, dass hinter den fingierten Briefen eine verbreitete Hochschätzung der Stoa stehen muss.
  • Die überlieferungsgeschichtliche Besonderheit besteht in der Tatsache, dass Epiktets »Handbüchlein der Moral« als christliches Werk galt, nämlich des Mönchvaters Nilus, und »fester Bestandteil jeder Klosterbibliothek« war (H.-J. Klauck).

II. Neues Testament im Besonderen

Stoisches Gedankengut im Neuen Testament dürfte über das hellenistische Judentum vermittelt worden sein.

  • In der Areopag-Rede (Apg 17) erscheinen theologische Aussagen, denen ein Stoiker hätte zustimmen können: Gott lebt nicht in von Menschen gemachten Tempeln (V.24), ist nicht Götterbildern aus Gold, Silber oder Stein gleich (V.29), hat keine Versorgung durch den Kult nötig (V.25); er ist den Menschen nicht fern (V.27).
  • Paulus zeigt in manchen Passagen stilistische Analogien zur Diatribe, einem Belehrungsverfahren, das besonders von Stoikern verwendet wurde. Fragen werden eingestreut, die mögliche Folgerungen aus den vorherigen Äußerungen formulieren oder Einwände oder auch den Gedanken weiterführen sollen.
  • Die Ethik der Tugend- und Lasterkataloge sowie der Haustafeln, die die Pflichten im Haus regeln, wurzelt zum Teil in der stoischen Philosophie (vgl. Röm 1,29-31; Gal 5,19-22; Kol 3,18-4,1; 1Tim 3,1-7).

Unterschiede bleiben. Das Ideal der Affektfreiheit ist im NT nicht zu entdecken, Mitleid wird nicht negativ gewertet wie in einem Teil der stoischen Tradition.


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