Bibelstudium
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Neuere Alternativmodelle

I. Deuteromarkus-Theorien   II. Direkte Abhängigkeit von Mt und Lk unter Annahme der Mk-Priorität   III. Two Gospel Hypothesis (Neo-Griesbach-Hypothese)   IV. Neuere Traditions-Hypothese

I. Deuteromarkus-Theorien

Darstellung: Deuteromarkus-Theorien gibt es in verschiedenen Fassungen. Zum einen dienen sie der Erklärung der minor agreements: Mt und Lk benutzten eine überarbeitete Version des Mk-Evangeliums. Was uns als Übereinstimmung von Mt und Lk gegen Mk erscheint, wurde durch diese geänderte Fassung vermittelt.

Albert Fuchs hat eine umfassendere Theorie vertreten: Auch größere Übereinstimmungen zwischen Mt und Lk, die in der Zwei-Quellen-Theorie der Logienquelle zugeschlagen werden, seien der Überarbeitung des MkEv zuzuschreiben.

  • Problem: Der Plan, der hinter der Überarbeitung des MkEv steht, bleibt dunkel: Warum und in welcher Absicht ist das Werk überarbeitet worden? Außerdem ist Deuteromarkus nicht weniger hypothetisch als Q. Vor allem aber: Diese überarbeitete Fassung des MkEv müsste deutliche Spuren in der Textüberlieferung hinterlassen haben. Da sie den anderen beiden Evangelien ähnlicher gewesen sein müsste, gibt es keine Tendenzen in der handschriftlichen Überlieferung, die den weitgehenden Verlust des Deuteromarkus erklären könnten.nach oben

II. Direkte Abhängigkeit von Mt und Lk unter Annahme der Mk-Priorität

Darstellung: Direkte Abhängigkeit von Mt und Lk wird in beiden Richtungen vertreten: Lk hat Mt benutzt (Farrer, Goulder, Goodacre) bzw. Mt hat Lk benutzt (Hengel)

  • Problem: Diese Theorien beanspruchen zwar, die minor agreements zu erklären; im Detail ergeben sich aber Probleme: Warum sollte sich Lk in Kleinigkeiten von der Vorlage Mt beeinflussen lassen (bzw. Mt von Lk), deren substantiellere Eigenheiten aber übergehen? Außerdem ist hier an die Überlegungen zu erinnern, die für die Existenz der Logienquelle sprechen: Wesentlich für diese Annahme waren die Schwierigkeiten, die die Annahme einer direkten Abhängigkeit zwischen Mt und Lk bereitete (s. hier).

III. Two Gospel Hypothesis (Neo-Griesbach-Hypothese)

Darstellung: Den alten Ansatz von Griesbach aufnehmend verteidigt diese Theorie die Mt-Priorität, sieht Lk von Mt abhängig und Mk von Mt und Lk.

  • Problem: Die Mk-Priorität aufzugeben schafft unüberwindliche Probleme: Warum sollte Mk so viel Stoff nicht übernommen haben (Doppeltradition Mt/Lk, Sondergut)? Warum sollte er seine Vorlagen sprachlich verschlechtert haben? Die minor agreements sind ein noch größeres Problem als für die Zwei-Quellen-Theorie: Mk müsste eine Übereinstimmung seiner beiden Quellen ohne erkennbaren Grund geändert haben.nach oben

IV. Neuere Traditions-Hypothese

Darstellung: Es wird auch vertreten, auf ein literarisches Abhängigkeitsverhältnis zwischen den synoptischen Evangelien ganz zu verzichten und den Zusammenhang rein traditionsgeschichtlich zu erklären: durch eine relativ feste mündliche Überlieferung (Armin D. Baum).

  • Problem: Baum arbeitet mit Analogien aus antiker Literatur, Experimentalpsychologie, Oral poetry-Forschung und rabbinischer Tradition und daraus gewonnenen statistischen Werten. Ob die Analogien alle treffend sind, kann man bezweifeln, ebenso die Aussagekraft der gewonnenen statistischen Ergebnisse. Kann die mündliche Tradition so stabil gewesen sein, dass sie die Übereinstimmungen im Aufbau der Evangelien erklären kann (Mt folgt ab Mk 2,23 genau seiner Vorlage und lässt nur aus, was er schon gebracht hat oder nicht bringen will)? Eine solche Annahme ist schwierig, weil ja andererseits auch starke Unterschiede zu beobachten sind. Dieser doppelte Befund erklärt sich besser, wenn man mit literarischer Beziehung rechnet: die Übereinstimmungen gehen auf die Übernahme der Vorlage zurück, die Differenzen auf die Eingriffe durch den Redaktor.

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