Bibelstudium
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2.1 Asklepios-Heiligtümer

Heilungsberichte / Erfolge und Propaganda

 

In der griechisch-römischen Welt gab es kultische Heilstätten. Sie boten Kranken, denen die Ärzte nicht helfen konnten, Aussicht auf Heilung. Der bekannteste dieser Heilgötter hieß Asklepios, der als Sohn des Apollo und der Koronis (Königstochter aus Thessalien) galt.

Er soll sehr erfolgreich als Arzt gewirkt haben und nach seinem Tod unter die Götter aufgenommen worden sein. An verschiedenen Heiligtümern wurde er als Heilgott verehrt, das bekannteste lag in Epidauros, an der Ostküste der peloponnesischen Halbinsel. Hier wurden Stelen gefunden, auf denen Heilungsberichte verzeichnet waren, die ins 4. Jh. v.Chr. zurückreichen. Pausanias (ein Reiseschriftsteller aus dem 2. Jh. n.Chr.) hatte noch sechs Stelen gesehen.nach oben

Heilungsberichte

Die siebzig erhaltenen Heilungsberichte bezeugen so genannte Inkubationsheilungen: Die Kranken übernachten im Tempel, in einem eigens dafür eingerichteten Raum. Im Traum, in dem ihnen Asklepios erscheint, erfahren sie Heilung von ihrer Krankheit. Neben Heilungen werden auch andere Nöte gelindert (z.B. die Anfrage nach dem Aufenthaltsort eines Sohnes; Kinderwunsch), doch überwiegen die Heilungsberichte bei weitem.

Diese Berichte sind aus ntl Sicht auch deshalb interessant, weil sie im Aufbau Ähnlichkeiten mit den Heilungswundergeschichten der synoptischen Evangelien aufweisen (s.u. 3.1). Ein typisches Beispiel:

Pandaros, ein Thessalier, hatte Male auf seiner Stirn. Er schlief im Heiligtum und hatte einen Traum. Er träumte, dass der Gott einen Verband auf die Male legte und ihm sagte, er solle den Verband beim Verlassen des inneren Heiligtums abnehmen und ihn im Tempel als Weihgeschenk lassen. Als es Tag wurde, stand der Mann auf und nahm den Verband ab, und sein Gesicht war ohne Male. Er weihte im Tempel den Verband, und dieser hatte die Male von seiner Stirn. (W6)

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Erfolge und Propaganda

Dass an diesen Kultstätten Heilungen geschahen, ist nicht zu bezweifeln. Andernfalls hätten sich diese Einrichtungen nicht über Jahrhunderte halten können. Der Heil­erfolg lässt sich wohl auf eine Verbindung religiöser, psychologischer und medizinischer Elemente zurückführen (ein Aufenthalt in Epidauros konnte auch den Charakter einer Kur mit Bädern und besonderem Ernährungsplan annehmen). In jedem Fall blieben aber genügend Unterschiede zur Schulmedizin, »dass die Menschen in der Antike hier Wunder konstatierten« (H.-J. Klauck).

Dieses positive historische Urteil schließt aber nicht aus, dass die Wunderberichte auf den Stelen für Propagandazwecke gesteigert wurden (s.a. 4.4). Bei diesen Berichten handelt es sich um offizielle Versionen, die von hölzernen Votivtafeln auf Stein übertragen wurden – eine Gelegenheit für solche Steigerungen (in W1 ist dies noch zu verfolgen, da der Votivtafeltext zitiert wird, s. hier).

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