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4.1 Analyse – Verlorener Sohn

Zur LiterarkritikGattung und Aufbau

Zur Literarkritik

Das Gleichnis gehört zum Sondergut des LkEv, Vergleichsmöglichkeiten mit anderen Geschichten bestehen also nicht. Diskutiert wird, ob das Gleichnis ursprünglich in V.24 endete, also mit dem Festmahl für den zurückgekehrten Sohn, und die Szene mit dem Auftreten des älteren Sohnes eine Hinzufügung darstellt. 

Für diese Einschätzung werden folgende Argumente vorgetragen:

  • Zwei Geschichten werden erzählt: vom jüngeren und vom älteren Sohn.
  • V.24 ist ein erzählerisch befriedigender Abschluss.
  • Beide Teile der Parabel stimmen in den vorausgesetzten Rechtsverhältnissen nicht überein: Die Aufteilung des Erbes (V.12) nach dem Modell der »Abschichtung« bringt mit sich, dass der Vater nicht mehr über den Besitz verfügen kann – dies tut er aber nach der Aussage des älteren Sohnes im zweiten Teil der Erzählung.
  • In der antiken Komödie gibt es eine Figurenkonstellation, die die Erweiterung der Parabel (wohl durch Lk) erklären kann: der brave Jüng­ling als Kontrastbild des liederlichen Bruders.

Gegen diese literarkritische Aufteilung sprechen folgende Überlegungen, denen insgesamt mehr Gewicht zukommt.

  • Die ersten beiden der obigen Beobachtungen sind keine positiven Argumente für ein Wachstum der Erzählung. Sprachlich lässt sich keine markante Differenz zwischen beiden Teilen erkennen.
  • Die Rechtsverhältnisse stimmen auch im ersten Teil der Geschichte nicht mit der »Abschichtung« überein (der Vater nimmt den Sohn in den Hausstand auf und schlachtet das Mastkalb).
  • Da beide Söhne von Anfang an eingebracht werden (V.11), erwartet man, dass auch der ältere noch eine Rolle spielt. Immerhin wird der Besitz »unter ihnen aufgeteilt«. Außerdem ist das Erzählmotiv vom Vater mit zwei ungleichen Söhnen recht verbreitet.
  • In Mt 20,1-16 ist ein Parallelgleichnis überliefert – aber nur wenn man VV.25-32 zur Geschichte rechnet.nach oben

Als weitere Merkmale lukanischer Redaktion werden eingeschätzt:

  1. Markante Wiederholungen und die Vorliebe des Lukas für Monologe sprechen für redaktionelle Erweiterungen in der ersten Geschichte (VV.18f; V.20 schließt unmittelbar an V.17 an).
  2. V.21 könnte ebenfalls auf das Konto des Evangelisten gehen (Handlungsführung aus der Perspektive des Vaters wird gestört; Bezug auf Abstraktlexeme mit symbolischer Sprachgebung: sündigen; gegen den Himmel; nicht wert, Sohn genannt zu werden).
  3. Wertende Lexeme finden sich auch in VV.24a.32b.c (tot, wieder leben, verloren, gefunden); vom "Finden" des jüngeren Sohnes kann eigentlich nicht gesprochen werden. Dies passt besser (wie auch das Sichfreuen) in die Gleichnistrilogie Lk 15.
  4. Vielleicht ist auch V.30 redaktionelle Wiederaufnahme (Schlachten des Mastkalbes, zumal der Bruder hier etwas viel über den Lebenswandel des Jüngeren weiß).

Diese möglichen Eingriffe betreffen jedoch nicht die Struktur und Grundaussage der Geschichte.nach oben

Gattung und Aufbau

Die Gattung ist eindeutig als Parabel zu bestimmen. Erzählt wird eine einmalige spannende Geschichte, in der sich Ungewöhnliches ereignet: Aufbruch eines Sohnes aus seinem Vaterhaus, Verschwendung des Vermögens, Rückkehr zum Vater, unerwartete Annahme durch den Vater, Konflikt darum zwischen dem Vater und dem älteren Sohn. Die Erzählung ist gekennzeichnet durch Monologe und Dialoge, in denen die Handlung fortschreitet.

Die Erzählung zeigt folgenden Aufbau:

  • Einleitung: VV.11f
  • Der jüngere Sohn und der Vater VV.11-24
    • Aufbruch des jüngeren Sohnes und Verschwendung des Vermögens: V.13
    • Der Abstieg des Sohnes: VV.14-16.
    • Besinnung und Entschluss zur Rückkehr: VV.17-19.
    • Ankunft und Annahme durch den Vater: VV.20-24.
  • Der ältere Sohn und der Vater VV.25-32
    • Der Zorn des älteren Sohnes über das Fest: VV.25-28a
    • Dialog zwischen älterem Sohn und Vater: VV.28b-32
    • Protest des älteren Sohnes: VV.29f.
    • Rechtfertigung des Vaters: VV.31f.

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