2.1 Abgrenzungen
Christus nicht als Haupt des Leibes / Zwei verschiedene Redeweisen von »Leib« / Religionsgeschichtlicher Hintergrund
Christus nicht als Haupt des Leibes
Anders als Kolosser- und Epheserbrief spricht Paulus selbst nicht von Christus als Haupt des Leibes. In den beiden deuteropaulinischen Briefen hat die Leib-Metaphorik einen anderen religionsgeschichtlichen Hintergrund: die Vorstellung vom Kosmos als Leib mit einem göttlichen Haupt.
Zwei verschiedene Redeweisen von »Leib«
Paulus kann zum einen die Gemeinde mit einem Leib vergleichen (sie ist »wie ein Leib«: 1Kor 12,12; Röm 12,4), zum andern kann er aber auch sagen, die Glaubenden seien der Leib Christi: »Ihr seid Christi Leib«. In beiden Fällen handelt es sich um metaphorische Sprache, denn mit »Leib Christi« wird nicht das bezeichnet, was aus der Alltagswelt als Leib bekannt ist.
- Der Unterschied zwischen den Formulierungen mit »wie« und »ist« hat dennoch Bedeutung. Paulus macht in den »ist-Aussagen« die Zugehörigkeit der Glaubenden zu Christus deutlich. In der Rede vom Leib Christi drückt sich der gemeinschaftliche Aspekt der Christus-Teilhabe aus, die Tatsache, dass die Glaubenden in eine reale Gemeinschaft mit Christus aufgenommen sind. Im Blick auf die Einzelnen wird dies besonders im Zusammenhang mit der Taufe zum Ausdruck gebracht (Teilhabe am Geschick Jesu: s. Röm 6,1-14) oder auch in Aussagen, die auf das Sein »in Christus« abheben.nach oben
Religionsgeschichtlicher Hintergrund
Kontrovers diskutiert wird die Frage, wie das Leib-Christi-Motiv religionsgeschichtlich herzuleiten ist. Nach James Dunn kommen allein zwei Optionen in Frage:
- Die Herleitung aus der Abendmahlsüberlieferung. Dafür ließe sich anführen: Paulus stellt eine enge Verbindung her zwischen dem gebrochenen Brot, Symbol für Jesu Leib, und der Anwendung auf die Mahlteilnehmer, die als ein Leib bezeichnet werden (1Kor 10,16f).
- In der hellenistischen Umwelt war die Leib-Metapher durchaus bekannt zur Bezeichnung eines einheitlichen Ganzen, das aus vielen Gliedern besteht. Diese Vorgabe könnte Paulus weiterentwickelt haben zu einer Vorstellung, die die Gemeinde im Rahmen des Teilhabe-Gedankens als Leib Christi sieht.
Mehr spricht für die zweite Möglichkeit: Die Argumentation des Paulus in 1Kor 10 scheint schon das Leib-Konzept vorauszusetzen, und in 1Kor 12 findet sich kein Hinweis auf das Sakrament. Deshalb dürfte die Abendmahlstradition mit dem eucharistischen Bezug von »Leib« nicht der entscheidende Ansatzpunkt für die ekklesiologische Metapher sein.