Bibelstudium
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2.2 Die verschiedenen Aspekte der paulinischen Rede vom »Leib Christi«

Zur Abendmahlstradition (1Kor 10,16f)Zur Taufe (1Kor 12,13)Aufhebung von Unterschieden

Paulus spricht von der Kirche als »Leib Christi« vorwiegend im Zusammenhang von Taufe und Abendmahl.

Zur Abendmahlstradition (1Kor 10,16f)

»Leib Christi« meint hier zunächst das im Abendmahl gegessene Brot, das in Jesu Todesschicksal einbezieht.

Paulus verbindet diese Vorstellung mit der Rede von der Kirche als Leib Christi: Das gemeinsame Essen des einen Brotes führt zu leiblicher Einheit der Mahlteilnehmer; und insofern das im Abendmahl gegessene Brot »Leib Christi« ist, vollzieht sich erneut und bestätigt sich die Eingliederung in den Christusleib, den die Kirche darstellt (10,17).

  • Diese Unterscheidung zeigt: Christus ist der Kirche vorgeordnet. Die Kirche ist nicht im Kreuzesleib Jesu vorgebildet; sie wird vielmehr vom Erhöhten nachträglich am Kreuzesgeschehen beteiligt, dem Gekreuzigten gleichgestaltet, um in einer derart vom Kreuz her bestimmten Existenz das Handeln Gottes im Kreuz zu verkünden (Ernst Käsemann).nach oben

Zur Taufe (1Kor 12,13)

Die Glaubenden sind in den einen Leib hineingetauft. In dieser Formulierung bestätigt sich die genannte Vorordnung Christi vor der Kirche. Der Leib entsteht nicht durch Zusammenfügung der verschiedenen Glieder, sondern besteht vor ihnen. Durch die Taufe werden die Glaubenden in diesen Leib eingefügt.

  • Diese Argumentation setzt allerdings voraus, dass 1Kor 12,13 zu übersetzen ist: »in einen Leib getauft«. Das ist umstritten. Vorgeschlagen wird auch die Übersetzung: »zu einem Leib getauft«. Sprachlich ist die Streifrage nicht zu entscheiden. Paulus wollte aber kaum ausdrücken, der Leib Christi werde erst durch die Glieder gebildet (diese Konsequenz legt sich bei der Übersetzung mit »zu« nahe). Dies ergibt sich nicht nur aus den oben besprochenen Aussagen zur Abendmahlstradition. Unmittelbar vor 1Kor 12,13 hat er im Rahmen der Leib-Metaphorik auffallend personal formuliert: »Wie der Leib einer ist und doch viele Glieder hat ... so auch der Christus«.

Der Begriff »Leib Christi« selbst verdeutlicht diese christologische Blickrichtung. Es wird nicht vom Leib der Kirche gesprochen. Es geht nicht um den Leib einer Gemeinschaft, sondern darum, dass eine Gemeinschaft (die Kirche) der Leib eines Einzelnen (Christus) ist.

Zwar ist die Kirche gedacht als Leib des erhöhten, himmlischen Christus, doch ergibt sich daraus für Paulus keine triumphalistische Sicht der Kirche. Dagegen spricht

  • die Verbindung mit dem Kreuz(esleib);
  • der Kontext der Aussagen, der gegen eine enthusiastische Theologie gerichtet ist. Der Leib ist zum Dienst gesetzt.

Deshalb erscheint die Rede von der Kirche als Leib Christi allein im Zusammenhang von Mahnungen: Das Sein im Christusleib muss gelebt werden (v.a. im Blick auf die Einheit).

Aufhebung von Unterschieden

Das Glied-Sein am Leib Christi bedeutet für die Glaubenden, dass die in der Welt geltenden Unterschiede aufgehoben sind: Physische und soziale Unterschiede werden zwar in ihrer Existenz nicht bestritten, sie gelten in der Kirche aber nicht mehr (Gal 3,28; 1Kor 12,13).

So erscheint die Kirche als Leib Christi als eine Gemeinschaft, in der neue Kennzeichen der Identität und der Abgrenzung wirken. Die Identität der Gemeinschaft der Glaubenden als Leib wird (anders als in der politisch-gesellschaftlichen Verwendung der Leib-Metapher) nicht durch geographische Lage oder politische Loyalität bestimmt, sondern durch die gemeinsame »Loyalität« zu Christus (James Dunn).

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