Bibelstudium
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Überlieferungsgeschichtliche Voraussetzung: Das Faktum mündlicher Tradition

Zunächst schien die Notwendigkeit nicht groß zu sein, das Leben Jesu schriftlich zu fassen. Die frühen Christen warteten auf seine baldige Wiederkunft (vgl. 1Thess 4,15; Röm 13,11-14). Erst das Ausbleiben der Parusie machte es notwendig, wichtige Stationen aus dem Leben Jesu niederzuschreiben. Daher erklärt sich auch die zeitliche Distanz von knapp 40 Jahren bis zur Endredaktion des ersten Evangeliums.

In der Antike waren schriftliche Werke einem elitären Kreis vorbehalten. Mündliche Überlieferung war deshalb weit verbreitet. Auch für das Umfeld der neutestamentlichen Schriften ist sie nachweisbar, wie ein Blick auf die rabbinische Tradition ergibt. Eine Analyse der Evangelientexte zeigt auch ihren speziellen Charakter: die synoptischen Evangelien sind nicht Werke aus einem Guss, sondern bewahren die Struktur ihrer Quellen und sind aus geprägten Formen zusammengesetzt − ein klarer Hinweis auf eine mündliche Vorgeschichte.

Es gibt auch ausdrückliche Hinweise auf die Bedeutung mündlicher Tradition im frühen Christentum:

  1. Das Vorwort des LkEv spricht nicht nur davon, dass es schon Erzählungen vom Wirken Jesu gegeben habe; es bezieht sich auch auf Überlieferungen (von Augenzeugen). »Überlieferung« ist ein Fachbegriff zur Bezeichnung mündlicher Weitergabe.
  2. Auch in Joh 21,25 findet sich ein, wenn auch übertreibender, Hinweis, dass das verschriftlichte Jesus-Gut auf eine Auswahl aus mündlichen Überlieferungen zurückgeht, wenn es heißt, dass im Blick auf die »Dinge, die Jesus getan hat … selbst die Welt die geschriebenen Bücher nicht fassen« könnte.
  3. Jesus-Überlieferung ist nach der Abfassung der Evangelien mündlich weitergegeben worden (sicher bezeugt v.a. durch Papias von Hierapolis). Das legt nahe, dass auch vor der Abfassung eine mündliche Überlieferung bestand – eine Überlieferung, die durch die Verschriftlichung nicht einfach beendet wurde.

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