Bibelstudium
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4.4 »Kehrt um und glaubt an das Evangelium«

Umkehr / Dem Evangelium glauben / Fazit

Dass die Imperative an zweiter Stelle stehen, entspricht dem Grundduktus der Botschaft Jesu, in der die Zusage vor dem Anspruch steht (s.o. 3.1; 3.2). Die Aufforderung zu Umkehr und Glaube ergibt sich als Konsequenz aus der Ankündigung der Basileia, die vor dem aufgezeigten Traditionshintergrund (s. 2.) ja eindeutig als Heilsinitiative Gottes zu bestimmen ist.

Umkehr

Der Begriff der Umkehr ist im MkEv nicht besonders profiliert, sondern bündelt das positive Eingehen auf die Botschaft Jesu. In diesem zusammenfassenden Sinn kann der Begriff auch im Blick auf das Wirken Jesu im historischen Sinn gebraucht werden. Die Bestandteile des zugrundeliegenden griechischen Wortes (metanoeo) könnten nahelegen, dass ein Umdenken angezielt sei. In biblischer Tradition geht es aber um mehr, nämlich »um die Kehre des Lebens, die den Lebensweg radikal umwenden will … und sich im praktischen Leben auswirken muß« (JOACHIM GNILKA).

Wenn sich mit der Rede von »Umkehr, umkehren« keine nähere Definition dessen verbindet, worin Umkehr besteht, ist aus dem Gesamten der Botschaft Jesu zu erheben, was sich als Anforderung an die Lebenspraxis ergibt. Die weisheitlichen Mahnungen zur rechten Lebensführung sind als Entfaltung der Umkehrforderung zu verstehen (s. die Ausführungen zur Bergpredigt im fünften Abschnitt des Repetitoriums).

Dem Evangelium glauben

Der Aufruf, dem Evangelium zu glauben, steht parallel zur Umkehrforderung und zielt ebenso auf die Annahme der Botschaft Jesu. Mit »Evangelium« kann in dem Spruch nichts anderes gemeint sein als die zuvor genannte Erfüllungsaussage mit dem Nahegekommensein der Basileia. Dass man dieser Botschaft glauben soll, dürfte sich (entsprechend der üblichen Konnotation des Verbs in den synoptischen Evangelien) vor allem darauf richten, dieser Botschaft zu vertrauen. Hier ist also weniger (wie in der Rede von Umkehr) der Aspekt der Lebensführung im Blick; es geht darum, die Botschaft von der nahegekommenen Gottesherrschaft als richtige Zeitansage anzuerkennen.

Dass der Evangeliums-Begriff die Botschaft Jesu kennzeichnet, dürfte auf die urchristliche Verkündigung, und nicht auf Jesus selbst zurückgehen. Es fällt jedenfalls auf, dass sich »Evangelium« in den Paulusbriefen auf die Botschaft von Tod und Auferweckung Jesu bezieht, und nicht auf die Verkündigung Jesu. Erst Markus hat den Begriff erweitert und auch die Überlieferung von Worten und Taten Jesu in die Rede vom Evangelium eingeschlossen. Im Übrigen schlägt die mit dem Begriff ursprünglich verbundene nachösterliche Perspektive in den meisten Fällen auch in der Verwendung des Begriffs im MkEv durch.

Am deutlichsten geschieht dies in 13,10 und 14,9, wo die Verkündigung des Evangeliums mit den nachösterlichen Gegebenheiten verbunden ist: Es wird jeweils über die Zeit hinausgeblickt, die durch das Wirken Jesu abgedeckt ist.

Fazit

Obwohl Mk 1,15 ein redaktionell gebildetes Summarium ist und im Evangeliums-Begriff (vielleicht auch in der Rede von Erfüllung) ein nachösterlicher Einfluss in der Formulierung erkennbar ist, bildet sich in dem Satz die Grundstruktur der Botschaft Jesu auch historisch zutreffend ab.

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