Bibelstudium
print


Navigationspfad


Inhaltsbereich

4. Zur Rolle von Frauen in paulinischen Gemeinden

Ein nachpaulinischer EintragDas Motiv des Eintrags

In 1Kor 14,34f begegnen die Worte, die vor allem Paulus den Vorwurf eingetragen haben, er sei ein Frauenfeind:

»(Wie in allen Gemeinden der Heiligen) sollen die Frauen in den Gemeinde(versammlunge)n schweigen; denn es ist ihnen nicht erlaubt zu reden, sondern sie sollen sich unterordnen, wie auch das Gesetz sagt. Wenn sie aber etwas lernen wollen, sollen sie zu Hause ihre Männer fragen. Denn es ist schändlich für eine Frau, in der Gemeinde(versammlung) zu reden.«

Ein nachpaulinischer Eintrag

Es gibt starke Argumente für die Annahme, dass diese Passage dem 1. Korintherbrief später hinzugefügt wurde, und nicht von Paulus stammt.

  • Einige Textzeugen weichen in der Einordnung ab und setzen die Passage hinter den Vers 40. Die Verse 14,34f könnten deshalb ursprünglich am Rand, neben dem eigentlichen Text gestanden haben (Randglosse). In einem Zweig der Textüberlieferung wäre sie etwas anders in den Haupttext eingeordnet worden als im Hauptstrom.
  • Die Verse 14,34f passen schlecht in den Gedankengang: Der Übergang von V.33 zu V.34 ist durch die Doppelung von »Gemeinde« recht hart; vor allem der Übergang von V.35 zu V.36 ist problematisch (was soll die Frage »oder ist das Wort Gottes von euch ausgegangen oder allein zu euch gelangt?« mit dem Schweigen der Frauen zu tun haben?)
  • Inhaltlich sind die beiden Verse isoliert. Zuvor geht es um Zungenrede und Prophetie, und auch danach erscheinen wieder diese Hauptthemen (VV.37.39). Was Paulus zu Prophetie und Zungenrede sagt, bezieht sich auf einen geordneten Ablauf (VV.27-32), nicht auf eine grundsätzlich zu beachtende Rollenzuschreibung. Das zuvor genannte Schweigen hat also einen ganz anderen Sinn: Man soll schweigen, wenn andere reden.
  • Der Abschnitt bietet einige Wendungen, die sprachlich auffallen und einen eher unpaulinischen Eindruck machen.
  • Der stärkste Einwand gegen die Ursprünglichkeit ergibt sich aus dem Widerspruch zu 1Kor 11,5. Dort geht Paulus selbstverständlich davon aus, dass Frauen in der Gemeindeversammlung prophetisch reden. Deutlich gesagt: Er erlaubt es nicht – aber nicht weil er solches Reden für verboten hielte, sondern weil es hier nichts zu erlauben gibt. Das prophetische Reden von Frauen ist vorausgesetzte Tatsache.

Paulus bezeugt in 1Kor 11 durchaus patriarchale Denkmuster (Mann als Bild und Abglanz Gottes, Frau als Abglanz des Mannes: 11,7; Erschaffung der Frau aus dem Mann und um des Mannes willen : 11,8f [s. Gen 2]). Aber dies führt nicht dazu, dass Frauen in der Gemeindeversammlung schweigen müssten. Sie sollen nur, wenn sie prophetisch sprechen, dies mit verhülltem Kopf tun (sei es dass eine Kopfbedeckung oder langes oder hochgestecktes Haar gemeint ist).

Auch die Grußliste in Röm 16 bestätigt das Bild aktiver Mitarbeit von Frauen.

Das Motiv des Eintrags

Mit 1Tim 2,11-15 begegnet, bis in den Wortlaut vergleichbar, in einem pseudepigraphischen Paulusbrief die Rollenzuschreibung, die auch 1Kor 14,34f vertritt. Es ist also ein Motiv für den Einschub erkennbar: Angleichung an die Frauenrolle der späteren Zeit (1Tim gehört zu den Pastoralbriefen, die gewöhnlich um die Jahrhundertwende oder später datiert werden). 

Weiter zu »Die Auferstehungsbotschaft nach 1Kor 15,1-11«


Servicebereich