Bibelstudium
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Warum kam es zur Sühne-Deutung?

I. Die Situation der Jünger nach dem Tod Jesu   

II. Die Stärke der Sühne-Kategorie

Wenn die Deutung des Todes Jesu als eines Sühnetodes nicht auf Jesus zurückgeht, ist ihre Entstehung aus den besonderen Bedingungen der Situation nach Karfreitag und Ostern zu erklären. In der Tat ergibt sich hier ein plausibles Szenario, das diese Deutung des Todes Jesu einsichtig machen kann.

I. Die Situation der Jünger nach dem Tod Jesu

Nach dem Karfreitag war der Jüngerkreis Jesu zunächst auseinandergefallen. Der Tod Jesu am Kreuz war für die Jünger das Ende der Hoffnungen, die sie in Jesus und seine Botschaft vom Reich Gottes gesetzt hatten. Sie flohen bei der Verhaftung Jesu und kehrten nach Galiläa zurück. Erst durch die Ostererfahrung kam es zur erneuten Sammlung als Jüngerkreis, weil das Kreuz nun nicht mehr als das letzte Wort über den Gekreuzigten erschien.

► Mit Ostern ging den Jüngern auf: Gegen allen Anschein war Jesus nicht gescheitert und von Gott verflucht; vielmehr hat sich Gott auf die Seite des Gekreuzigten gestellt, indem er ihn auferweckt, in gottgleiche Macht eingesetzt und zur entscheidenden Heilsgestalt bestimmt hat.

Von diesem Osterglauben her musste notwendig ein neues Licht auf das Kreuz fallen: Es konnte nun nicht mehr ein Ort der Gottesferne sein. Wenn Gott sich so auf die Seite Jesu stellt, wie es der Osterglaube bekennt, dann konnte er auch im Kreuz Jesu nicht abwesend gewesen sein. Das bedeutet: Kreuz und Tod Jesu müssen einen positiven Sinn haben, sowohl für das Verhältnis Jesu zu Gott, als auch für das Verhältnis Jesu zu den Menschen; denn um beide Verhältnisbestimmungen geht es auch im Osterglauben. nach oben

II. Die Stärke der Sühne-Kategorie

In dieser Situation lag das Verständnis des Todes Jesu als stellvertretender Sühne durchaus nahe. Es bot jedenfalls die Möglichkeit, Auferstehung und Kreuz eng miteinander zu verbinden: Ostern eröffnete die Einsicht in die Bedeutung Jesu für die Menschen, die von Gott bestimmt wurde (z.B. Apg 4,11f: In keinem anderen ist Heil zu finden); diese Bedeutung Jesu kann nun auch schon im Kreuz erkannt werden, wenn sein Tod als stellvertretende Sühne verstanden wird, als Tod, in dem die unheilvollen Folgen der Sünde aufgefangen wurden. Jesus kann dann als Heilsmittler schon in seinem Tod gesehen werden. Gott bietet den Tod des Schuldlosen als den Ort an, an dem das eigentlich verwirkte Leben der Sünder stellvertretend in den Tod gegeben wurde, ohne sie zu zerschlagen.

»Gott braucht diesen Tod nicht, Gott fordert ihn nicht und Gott lässt ihm nicht das letzte Wort. Jede uns zugute kommende heilvolle Bedeutung des Todes Jesu gründet im untrennbaren Zusammenhang von Kreuzestod und Auferweckung« (M. Frettlöh).


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