Bibelstudium
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Das Verhältnis der Sühnetod-Deutung zur Verkündigung Jesu

Grundsätzlich wird gefragt, ob eine Deutung des Todes Jesu als Sühnetod in seine Botschaft zu integrieren ist. Jesus verkündet den zuvorkommenden Heilswillen Gottes, der alle annimmt und davon die Sünder nicht ausschließt. Lässt sich hier die Aussage einpassen, dass Gott durch den Tod seines Boten Vergebung gewährt?

► Pro: Jesus ist zur Überzeugung gekommen, dass Israel das von ihm verkündete Heilsangebot mehrheitlich bzw. durch seine offiziellen Repräsentanten abgelehnt habe.

Damit ergab sich ein theologisches Problem: die Frage nach der Wirksamkeit des göttlichen Heilswillens, den Jesus für Israel verkündet hatte. Der Sühnegedanke bot die Möglichkeit, an der Basileia-Botschaft festzuhalten. Gerade im Tod des endzeitlichen Boten Gottes erweist sich das Heilshandeln Gottes als wirksames Geschehen, insofern in diesem Tod Sühne geschieht und Israel auf diese Weise vom göttlichen Heilshandeln erreicht wird (H. Merklein). Die Deutung seines Todes als stellvertretender Sühnetod ermöglichte es Jesus, an seinem »Lebensthema der Versöhnung« (K. Backhaus) festzuhalten, zumal angesichts der Stellung Jesu zum Tempel: So trat Jesu Tod an die Stelle des kultischen Opfers und seiner sühnenden Funktion.

► Contra: Die Annahme, Jesus müsse seinem Tod heilsmittlerische Bedeutung zugemessen haben, um an seiner Botschaft festhalten zu können, lässt sich nicht begründen. Tatsächlich wäre in diesem Fall ein Bruch zur Basileia-Botschaft gegeben.

Wenn Jesus seine Botschaft »ad absurdum geführt« sah (H. Merklein), liegt das Moment der Kontinuität allein darin, dass Jesus trotz dieser Situation an seiner Überzeugung vom endzeitlichen Heilswillen Gottes für Israel festgehalten hat. Das ist genau der Gedanke, der sich in Mk 14,25 findet – und zwar ohne Sühneaussage.

Außerdem: Das Problem besteht nach der Position Merkleins für Jesus vor dem Forum der Öffentlichkeit. Die Rede von Sühne aber hat als Deutekategorie keine externe Überzeugungskraft.

  • Diese Schwierigkeit lässt sich nicht dadurch umgehen, dass man ausschließlich die Jünger als Adressaten der Aussage vom Sühnetod versteht. Zwar hätte für sie als Anhänger Jesu eine deutende Aussage ihres Meisters ein Gewicht, das man außerhalb der Jesusbewegung nicht voraussetzen kann. Darin liegt aber gerade ein Problem: Aufgrund ihrer Nähe zu Jesus hätten sie auch einer Versicherung über die weiterhin bestehende Gültigkeit seiner Botschaft trauen können – wie sie im »eschatologischen Ausblick« denn auch begegnet (Mk 14,25, s. nächsten Abschnitt).


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