Bibelstudium
print


Navigationspfad


Inhaltsbereich

2.3 Entwicklung II: Inhaltliche Verschiebung

Von der weisheitlichen Mahnung ... / ... zur Endzeithoffnung

 

Von der weisheitlichen Mahnung ...

Traditionell waren die Makarismen Ausdruck der weisheitlichen Sorge um ein rechtes, gelingendes Leben. Die Haltungen und Handlungen, die Gegenstand einer Seligpreisung waren, zielten nicht auf das Geschick nach dem Tod, sondern auf eine erfüllte diesseitige Existenz. Im Rahmen des Tun-Ergehens-Zusammenhangs war die Vorstellung leitend, dass das rechte Verhalten ein Leben zur Folge habe, das frei von Not und Schicksalsschlägen sei: aus dem Tun folgt das entsprechende Ergehen.

»Selig der Mann, den du, Herr, erziehst, den du mit deiner Weisung belehrst. Du bewahrst ihn vor bösen Tagen, bis man dem Frevler die Grube gräbt.« (Ps 94,12f)

»Selig der Mann, der den Herrn fürchtet und ehrt und sich herzlich freut an seinen Geboten. Seine Nachkommen werden mächtig im Land, das Geschlecht der Redlichen wird gesegnet.« (Ps 112,1f)

Diese innere Verbindung zwischen Tun und Ergehen wird brüchig durch gegenläufige Erfahrungen. Das Buch Ijob ist literarischer Niederschlag der Kritik am Tun-Ergehen-Zusammenhang. In der jüdischen Geschichte bewirkte vor allem die Religionsverfolgung unter Antiochus IV. (167 v. Chr.), dass jene alte weisheitliche Überzeugung nicht mehr mit den aktuellen Erfahrungen vermittelt werden konnte. Gerade die Frommen, die sich an die Weisungen der Tora hielten, mussten Leiden und auch den Märtyrertod auf sich nehmen. Das konnte in dieser Situation nicht mehr als Folge eines schuldhaften Tuns interpretiert werden.nach oben

... zur Endzeithoffnung

So richtete sich in der Apokalyptik die Hoffnung auf eine von Gott herbeigeführte Weltenwende, die den Frommen die Erlösung bringt. Auch die Sprachform der Makarismen hatte teil an dieser Neuorientierung der Frömmigkeit. Sie zielte nun nicht mehr auf ein gutes Geschick in diesem Leben, sondern nahm das Erreichen der endzeitlichen Erlösung ins Auge.

»In jenen Tagen werden alle die selig sein, die die Weisheitsrede annehmen und sie verstehen und die Wege des Höchsten befolgen und wandeln auf dem Weg seiner Gerechtigkeit und die nicht frevelhaft werden mit denen, die frevelhaft sind, denn sie werden gerettet werden.« (äthiopisches Henochbuch 99,10)

»Selig, wer ausharrt 1335 Tage. Du aber geh hin auf das Ende zu! Und du wirst ruhen und wirst auferstehen zu deinem Los am Ende der Tage.« (Dan 12,12f)

»Selig, ihr Gerechten und Auserwählten, denn herrlich wird euer Erbteil sein.« (äthHen 58,2)

Dieser endzeitliche Aspekt ist auch für die jesuanischen Seligpreisungen grundlegend, wenn sich in ihnen die Verheißung des Reiches Gottes und der Gedanke der zukünftigen Erlösung findet.

Weiter zu 2.4


Servicebereich