Der Sinn der Jüngerberufung
I. Das Ja zur Gottesverkündigung Jesu II. Ausweitung des Wirkens Jesu
III. Der Symbolcharakter des Zwölferkreises
I. Das Ja zur Gottesverkündigung Jesu
Die Jünger haben die Botschaft Jesu so angenommen, dass sie daraufhin ihr bisheriges Leben verlassen haben, um die Wanderexistenz mit Jesus zu teilen. Sie dokumentieren also ihre Entscheidung für den von Jesus verkündeten Gott durch ein Leben, das ganz auf die Vollendung der Gottesherrschaft ausgerichtet ist (Lorenz Oberlinner).nach oben
II. Ausweitung des Wirkens Jesu
Für die Historizität der Jüngeraussendung spricht die mehrfache Bezeugung* (Mk, Q) sowie das Kohärenzkriterium*: Die Inhalte der Aussendungsrede passen prinzipiell ins Wirken Jesu (bedürfnislose Lebensweise; Grundzüge des Wirkens Jesu werden ausgeweitet), auch der Sinn des Zwölferkreises (s.u. III.) würde zu missionarischer Tätigkeit passen. Ob Jesus nur die Zwölf oder auch einen weiteren Kreis von Jüngern ausgesandt hat, lässt sich nicht mehr rekonstruieren.
Inhaltliche Kennzeichen der Aussendungsrede(n):
- Teilhabe am Wirken Jesu: Die Jünger tragen die Botschaft Jesu in Wort und Tat weiter (unreine Geister austreiben, heilen, Umkehr/Basileia verkünden; vgl. Mk 6,7.12f; QLk 10,9).
- Anweisungen zur Ausrüstung der Boten: Sie sollen auf jede Vorsorge verzichten und darauf vertrauen, dass ihnen das Notwendige auf ihrem Weg zukommt. So setzen sie die Weisung Mt 6,25-34par um (Warnung vor dem Sorgen).
- Zum Verhalten in Häusern und Ortschaften ist wohl vor allem die Aussage über das Essen der vorgesetzten Speisen (Q 10,7) in die Situation Jesu zurückzuführen: Die Jünger sollen essen, ohne auf Fragen der Reinheit der Speisen zu achten. Dies ist zwar nicht ausdrücklich gesagt, ergäbe aber im Rahmen des Wirkens Jesu einen guten Sinn, zumal die Jünger durch den verordneten Verzicht auf Vorräte angewiesen sind auf solche Unterstützung.
- Schwierig zu beurteilen sind die Aussagen über das Gericht an den Ortschaften, die Jesu Boten ablehnen (Mk 6,11; noch schärfer Q 10,10-12). Sie könnten auch in die nachösterliche Mission gehören.nach oben
III. Der Symbolcharakter des Zwölferkreises
Die Zahl zwölf ist in der atl-jüdischen Tradition besonders geprägt durch die zwölf Stämme. Ihr Bestehen war aber zur Zeit Jesu längst ferne Vergangenheit, denn mit dem Untergang des Nordreiches im 8. Jh. v.Chr. waren 10 der 12 Stämme aus dem Volk Israel verschwunden.
Die 12 Stämme waren allerdings nicht nur eine Größe der idealen Vergangenheit, sondern Gegenstand der Zukunftshoffnung Israels. Sie gehören in den Zusammenhang der Erwartung, dass Israel in der Endzeit wieder gesammelt werde. Dabei kann davon die Rede sein, dass alle Stämme Israels wieder aufgerichtet werden (Jer 31,1; Sir 48,10; PsSal 17[,44]; 1QM 2,1-13; 3,13f). Diese Hoffnung ist zur Zeit Jesu in der jüdischen Tradition fest verwurzelt.
Die Verbindung zur Verkündigung Jesu lässt sich klar herstellen. Jesus unternimmt ja eine Sammlungsbewegung in Israel. Er wendet sich besonders denen zu, die am Rand stehen, denen von anderen die volle Zugehörigkeit zum Volk bestritten wird. Er will Grenzen überwinden, die mitten durch das Volk Israel gehen. Im Rahmen der endzeitlichen Sammlungsbewegung Jesu hat auch der Zwölferkreis seinen Ort. Er symbolisiert diese Sammlung, »repräsentiert bereits das wiederhergestellte Zwölfstämmevolk« (Gerd Theißen/ Annette Merz).
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