Bibelstudium
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Passion und Tod

I. Die Schwierigkeit einer Datierung   II. Rüsttag oder Paschatag?   III. Das Todesjahr

 

I. Die Schwierigkeit einer Datierung

Die Amtszeiten des Hohenpriesters Kajaphas (18-36) und des Präfekten Pontius Pilatus (26-36) geben einen weiten Rahmen, der sich eingrenzen lässt:

  • Die öffentliche Wirksamkeit Jesu hat nicht vor 28 begonnen (s.o.);
  • Für eine Dauer von mehr als zwei bis drei Jahren gibt es keinen Anhaltspunkt in der Evangelientradition.

Eine Verurteilung Jesu zu Beginn und am Ende der Amtszeit des Pilatus ist also unwahrscheinlich. Eine Grenze nach oben wird auch durch die Chronologie des Paulus aufgestellt. Die Berufung des Paulus ist wahrscheinlich um 32 zu datieren; davor muss aber schon eine gewisse Zeit urchristlicher Verkündigung vergangen sein, die wiederum den Tod Jesu voraussetzt. Diese Beobachtungen weisen also deutlich vor das Jahr 32.

Die Evangelien stimmen darin überein, dass der Todestag Jesu ein Freitag war. An der näheren Bestimmung dieses Tages scheiden sich aber die Synoptiker und Johannes:

  • nach Mk, Mt und Lk handelt es sich um den 1. Tag des Paschafestes, an dessen Vorabend das Paschamahl gegessen wird, nach dem jüdischen Kalender der 15. Tag des Frühlingsmonats Nisan;
  • bei Joh ist der Todestag Jesu der Rüsttag zum Pascha, also der 14. Nisan.
Donnerstag Freitag Sabbat
Letztes Mahl Tod Jesu
JohEv Rüsttag zum Pascha: Schlachten der Paschalämmer; Paschamahl am Abend Paschatag
Synoptiker Rüsttag zum Pascha: Schlachten der Paschalämmer; Paschamahl am Abend Paschatag


Die unterschiedlichen Angaben lassen sich trotz mancher Versuche nicht harmonisieren. Beide können sich theologischen Intentionen verdanken:

  • Nach Joh stirbt Jesus zu dem Zeitpunkt, da im Tempel die Paschalämmer geschlachtet werden; Jesus wird so als das wahre Paschalamm dargestellt.
  • In der synoptischen Fassung könnte das leitende Interesse gewesen sein, das urkirchliche Abendmahl als Paschamahl in die Paschatradition einzuordnen.nach oben

II. Rüsttag oder Paschatag?

Für die Chronologie der Synoptiker spricht, dass das letzte Mahl Jesu schon traditionell als nächtliches Mahl (s. 1Kor 11,23) dargestellt wird. Das passt zu einem Paschamahl ebenso wie die Lokalisierung in Jerusalem. dennoch ergibt sich im Ganzen ein leichtes Plus für die joh Version:

  • Die synoptische Chronologie hängt letztlich an einer einzigen Aussage: der Frage der Jünger, wo sie das Paschamahl vorbereiten sollen (Mk 14,12). Weder wird das letzte Mahl Jesu in seinem Verlauf als Paschamahl kenntlich gemacht – vom Essen des Paschlammes ist ja nicht die Rede –, noch spielt im Zusammenhang des Todes Jesu der Paschatag eine Rolle. Die Verbindung mit dem Paschamahl könnte leicht sekundär eingetragen worden sein. Das JohEv weist eine konsequenter gestaltete Chronologie auf (18,28; 19,14; Hinweise auf Nähe des Paschafestes).
  • Die Barabbas-Episode weist – unabhängig von der Frage der Historizität – auf die joh Chronologie: Die Amnestie eines jüdischen Gefangenen zum Paschafest ergebe nur dann Sinn, wenn der Entlassene noch am Paschamahl teilnehmen kann – und das ist nur am 14. Nisan möglich. Auch die synoptischen Passionsgeschichten könnten also ursprünglich die joh Chronologie voraussetzen  (J.P. Meier, A Marginal Jew. Rethinking the Historical Jesus, Bd. I, New York 1991, 400).nach oben

III. Das Todesjahr

Zu fragen ist, wann um das Jahr 30 der 14. oder 15. Nisan auf einen Freitag fiel. Mit letzter Sicherheit lässt sich diese Frage nicht beantworten. Nach Joachim Jeremias lässt sich festhalten: Der 15. Nisan fiel im Jahre 27 wahrscheinlich, 30,31 und 34 möglicherweise auf einen Freitag; der 14. Nisan war wahrscheinlich 30 und 33, möglicherweise 27 ein Freitag (Die Abendmahlsworte Jesu, Göttingen 1960, 33).

Geht man vom 15. Nisan als Todestag Jesu aus, ist 31 das wahrscheinliche Todesjahr Jesu. Favorisiert man die joh Chronologie, kommt man auf das Jahr 30, insgesamt wohl die am häufigsten vertretene Einschätzung.