Bibelstudium
print


Navigationspfad


Inhaltsbereich

Literarkritik

I. Aufgabe   II. Methode   III. Relevanz

I. Aufgabe

Neutestamentliche Texte sind häufig nicht aus einem Guss. Bei der Lektüre stößt man immer wieder auf Brüche, Spannungen und Widersprüche. Dies legt die Vermutung nahe, dass die Einzeltexte mehrmals überarbeitet wurden oder aber dass ein Autor mehrere Vorlagen zusammengefügt hat, ohne Unterschiede zu glätten. Aufgabe der Literarkritik ist es, literarische Schichten aufzudecken und literarische Formen voneinander zu scheiden, um unterschiedliche literarische Prozesse bzw. Entwicklungsstufen deutlich zu machen, die dann in späteren Schritten geklärt werden. Eine weitere Aufgabe der Literarkritik ist es, Gliederungselemente zu finden und einzelne Perikopen voneinander zu unterscheiden.nach oben

II. Methode

Folgende Auffälligkeiten treten am häufigsten auf und können somit als literarkritische Signale bezeichnet werden:

  1. Doppelungen und Wiederholungen
    Wenn dieselbe Sache zweimal erzählt wird oder innerhalb einer Erzählung zwei unterschiedliche Argumentationslinien bzw. Formelemente aneinandergereiht sind, spricht man von Doppelungen. Wiederholungen können sich auf Wörter, Wendungen oder Sätze beziehen.
  2. Spannungen und Widersprüche
    Von Spannungen spricht man dann, wenn es im Erzählverlauf zu »Abstimmungsproblemen« kommt, d.h. etwa dass Überleitungen nicht ganz stimmig erscheinen, innerhalb einzelner Erzählungen Angaben nicht ganz schlüssig sind etc. Nehmen diese Spannungen überhand, sodass die Logik völlig zerstört wird, spricht man von Widersprüchen.
  3. Sprachlich-stilistische Auffälligkeiten
    Die Spannungen können so weit gehen, dass sich Fehler bis in die Syntax hinein ergeben. Dies kann ein Hinweis sein, dass Sätze aus unterschiedlichen Quellen zusammengefügt worden sind. Auch wenn innerhalb von Erzählungen unterschiedliche Sprachstile verwendet werden, kann das ein Hinweis auf literarische Schichtung sein.
  4. Parallelen und Dubletten
    Parallelen und Dubletten geben evtl. Einblick in die Arbeit des Redaktors, also auf die letzte literarische Schicht. Parallelen beziehen sich auf das verwendete Vokabular in Texten und können – soweit eindeutiges Vergleichsmaterial vorliegt (z.B. synoptische Evangelien) – als Wortwahl des Endredaktors identifiziert werden. Dubletten liegen dann vor, wenn ein Autor ähnliche Perikopen mehrfach schildert, weil er sie evtl. in unterschiedlichen Vorlagen vorgefunden hat.
  5. Kombination von Gattungen
    In manchen Perikopen finden sich Elemente unterschiedlicher Gattungen (zur Definition siehe Kapitel Gattungskritik). Dies kann ebenfalls ein Hinweis auf Zusammenfügung zweier unterschiedlicher Fassungen oder aber auf den deutenden Eingriff eines Redaktors sein. 

Vorsicht! Literarkritische Signale können Hinweise auf literarische Schichtungen sein, doch bleibt jede Entscheidung hypothetisch. Daher ist es nötig, immer auch alternative Erklärungen zu bedenken, insbesondere was die Entscheidungen im sprachlichen Bereich angeht.nach oben

III. Relevanz

Von besonderer Relevanz für die Erforschung der synoptischen Evangelien (Zwei-Quellen-Theorie).nach oben


Servicebereich